Unter
dem Namen Regaine® steht seit Anfang März das bislang nur für Männer
zugelassene Minoxidil auch für Frauen zur topischen Therapie der
androgenetischen Alopezie zur Verfügung. Die ursprünglich als
Antihypertensivum entwickelte Substanz wurde in mehreren Studien auf
Wirksamkeit und Sicherheit bei Frauen untersucht.
Die
häufigste Form des Haarausfalls, von der 30 Prozent aller Frauen
betroffen sind, könne bei regelmäßiger Anwendung des
verschreibungspflichtigen, jedoch nicht erstattungsfähigen Präparates in
80 Prozent der Fälle gestoppt werden, sagte Professor Dr. Ulrike
Blume-Peytavi, Berlin, auf einer Veranstaltung von Pfizer Consumer
Healthcare. Das Terminalhaarwachstum werde gefördert, die Dauer der
Wachstumsphase verlängert. So nehme die Mittescheitelbreite ab,
Follikelgröße, Haarschaftdurchmesser, Haargewicht, Haarzahl und
Kopfhautbedeckung nehmen zu.
Die
Dermatologin verwies auf eindeutige Wirknachweise durch kontrollierte
klinische Studien. Der Wirkmechanismus des Vasodilatators und
Kalium-Ionen-Kanal-Öffners, der in 5-prozentiger Lösung zur Behandlung
der androgenetischen Alopezie des Mannes bereits seit längerem
zugelassen ist, sei letztlich nicht vollständig charakterisiert. Doch
könne festgehalten werden, dass die mit dem Krankheitsbild
einhergehende Rückbildung des kapillaren Blutsystems gestoppt, das
Kapillarnetz sogar wieder erweitert wird. Blume-Peytavi betonte, dass
auf Grund der topischen Applikation des Wirkstoffes mit einer
systemischen Wirkung, also Senkung des Blutdrucks, nicht zu rechnen ist.
Die androgenetische Alopezie der
Frau als genetisch bedingte gesteigerte Empfindlichkeit der
Haarfollikel auf männliche Sexualhormone bereits bei normalen
Androgenspiegeln kann nicht nur mit einer mangelnden Gefäßversorgung,
sondern auch mit Mikroentzündungen der Kopfhaut sowie Mykose und Fibröse
einhergehen. Zur kurzfristigen symptomatischen Therapie dieser
Entzündungen kämen Corticosteroide, zur Behandlung von Mykose und
Fibröse antimikrobielle Wirkstoffe wie Ketoconazol-haltige Shampoos und
antifibrotische Substanzen wie Aminexil zum Einsatz. Zu den
vasodilatatorisch wirkenden Substanzen, deren Wirksamkeit laut
Blume-Peytavi nicht eindeutig nachgewiesen ist, zählte die Referentin
Nicotinsäureamidester sowie den Gefäßwachstumsfaktor RTH 16.
Die Oberärztin an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charite Berlin führte aus, dass zur lokalen Behandlung des Weiteren gegebenenfalls Estrogene wie 17a-Estradiol 0,15-prozentig oder Estradiolbenzoat 0,05-prozentig in Frage kommen. Bei nachgewiesener Androgenüberproduktion der Frau könne die perorale Gabe von Progestagenen wie Cyproteronacetat und Chlormadinonacetat beziehungsweise von Kontrazeptiva mit antiandrogener Wirkung (zum Beispiel Diane®, Lafemme®, Climen®, Neo-Eunomin®, Valette®, Belara®) angezeigt sein, während zur systemischen Therapie der androgenen Alopezie beim Mann 5(-Reduktase-Hemmer (Finasterid oder Propecia) zur Verfügung stehen. Neben einer Perücke oder dem Ersatz durch Haarteile werde im Einzelfall beim Versagen der medikamentösen Therapie die Haartransplantation in Erwägung gezogen, die jedoch nur bei begrenztem Haarausfall und dem Vorhandensein von Haarfollikeln in Arealen am Hinterkopf möglich ist. Erforderlich sei ein stabiler Befund ohne weiteres Fortschreiten des Haarausfalls. Die Transplantation sei sehr kostenaufwendig und müsse mit der sorgfältigen Auswahl eines geübten Chirurgen einhergehen, wobei die Ergebnisse der Maßnahme variieren. Blume-Peytavi hob den frühen Beginn der lokalen oder systemischen medikamentösen Therapie als Schlüssel zur Verhinderung weiteren Haarausfalls und Reduktion psychologischer Folgen hervor.
Die Bedeutung der Differenzialdiagnose zum Ausschluss von Grunderkrankungen wie Lupus erythematosus, Schilddrüsenüberfunktion oder polyzystischer Ovarien unterstrich Professor Dr. Peter Hoffmann, Freiburg im Breisgau. Ursache des Haarausfalls bei Frauen könne auch die Einnahme von Arzneistoffen wie Phenprocoumon, Heparin oder Retinoiden sowie eine Malariaprophylaxe, Diät oder Schwangerschaft sein. Minoxidil wurde ursprünglich als Antihypertensivum entwickelt, das den Blutdruck durch direkten Angriff an der glatten Gefäßmuskulatur senkt. Die Hypertrichose (griechisch: zu viele Haare) fiel als Nebenwirkung auf. Aus diesem zunächst unerwünschten Effekt erschloss sich das neue Indikationsgebiet androgenetische Alopezie zunächst beim Mann und nun auch bei Frauen. Die androgenetische Alopezie ist beim weiblichen Geschlecht anders ausgeprägt als beim männlichen. In der Regel sind nicht alle, sondern nur einige Haarfollikel einer Kopfhautregion betroffen. Große gänzlich kahle Areale sind daher seltener. Stattdessen kommt es zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten diffusen Ausdünnung der Haare und Lichtung besonders am Scheitel.
Übrigens: Wir können auch "e-Rezept"